Magengeschwüre und die Psyche

Wer hektisch seinen Kaffee trinkt, der spürt seinen Magen ebenso wie jemand, der sich ärgert. In beiden Fällen produziert der Magen mehr Säure. Wer sich gut umsorgt fühlt und in Ruhe seinen Kaffee genießen kann, bei dem sind Magen und Darm entspannt. Die Psyche hat einen großen Einfluss auf unsere Verdauungsorgane. Das Zwölffingerdarmgeschwür zählt zu den klassischen psychosomatischen Erkrankungen (Holy Seven).

Stress führt bei Menschen, die zu Magengeschwüren neigen, nachweislich dazu, dass sich die Säureproduktion im Magen erhöht (Bresnick et al., 1993). Gleichzeitig verlangsamen sich die Magenbewegungen. Wenn wir ganz aufmerksam sind, spüren wir sogar, wie die Magensäureproduktion angekurbelt wird, wenn wir daran denken, was wir noch alles erledigen wollen.

Helicobacter pylori: Das Bakterium alleine kann nichts dafür

Ist die Widerstandskraft der Magen- und Darmschleimhaut einmal geschwächt, so haben schädigende Einflüsse wie zum Beispiel das Bakterium Helicobacter pylori leichtes Spiel. Auf Dauer kommt es zum Geschwür. Damit der Erreger überhaupt eine Chance hat, haben vorher oft schon viele Mechanismen stattgefunden, die die Schleimhaut geschwächt haben. Der Arzt spricht vom Ulcus pepticum ventriculi et duodeni (Geschwür des Magens und Zwölffingerdarms. „Pepticum“ ist abgeleitet vom Griechischen „peptos“ = „gekocht, gar“).

Geschwüre von Magen und Darm treten oft als „Entwurzelungssyndrom“ auf. Häufig trifft es Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, Arbeitslose und andere Menschen, die aus alten Strukturen herausgerissen wurden. Fragt man Menschen, die zu Magen-Darmgeschwüren neigen, nach ihrer Kindheit, so findet man oft Gemeinsamkeiten. Viele wurden zum einen überfürsorglich behütet, doch dann auch immer wieder plötzlich schroff zurückgewiesen. Wenn wir zur Überanpassung neigen, spüren wir förmlich, wie unser Magen Säure produziert – besonders auch dann, wenn wir schon im Vorhinein versuchen, die Forderungen von anderen zu erfüllen.

Wer Geborgenheit verliert, Trennungen in der Familie erlebt oder seine Arbeitsstelle aufgeben muss, der entwickelt leicht ein Magen- oder Darmgeschwür. Auch die Zunahme von Verantwortung wie z.B. zum Beginn eines Studiums oder bei einer Beförderung kann zu Magengeschwüren führen. Wir meinen, mehr verdauen zu müssen, als wir tatsächlich verdauen können.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Links:

Melmed RN, Gelpin Y:
Duodenal ulcer: the helicobacterization of a psychosomatic disease?
Israel Journal of Medical Sciences 1996, 32(3-4):211-216

Jos A. Bosch et al.:
Salivary MUC5B-Mediated Adherence (Ex Vivo) of Helicobacter pylori During Acute Stress.
Psychosomatic Medicine January 1, 2000 vol. 62 no. 1 40-49
www.psychosomaticmedicine.org/

Bianca Andreica-Sandica et al.:
The Association Between Helicobacter Pylori Chronic Gastritis, Psychological Trauma and Somatization Disorder.
A Case Report. J Gastrointestin Liver Dis, September 2011 Vol. 20 No 3, 311-313
http://www.jgld.ro/2011/3/16.pdf

Bresnick, William et al. (1993):
The Effect of Acute Emotional Stress on Gastric Acid Secretion in Normal Subjects and Duodenal Ulcer Patients.
Journal of Clinical Gastroenterology: September 1993
journals.lww.com/jcge/abstract/..

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 1.12.2012
Aktualisiert am 18.10.2014

2 thoughts on “Magengeschwüre und die Psyche

  1. Neuhier sagt:

    Ich muss schon sagen, diese Analyse trifft haargenau zu. Wahnsinn! Jetzt fehlt nur noch die Lösung. Therapeuten zu finden ist fast unmöglich. Leider.

Schreibe einen Kommentar