Wut, Wut, Wut

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Wer wütend ist, der ist kaum noch zu stoppen. Die eigene Wut zu stoppen kann so schwer sein wie von einem gedeckten Tisch aufzustehen, wenn man großen Hunger hat. Oft behaupten Gesundheitsexperten, Wut müsse man rauslassen. Viele befürchten, sie könnten krank werden, wenn sie mit der „Wut im Bauch“ länger still bleiben. Doch meistens nützt das Schreien und Zerstören nichts. Das Einzige, was oft hilft, ist es, mit demjenigen zu sprechen, der einen wütend macht. Wenn das nicht hilft, kann man bewusst in die Stille gehen und beobachten, wie die Wut in einem arbeitet. (Text: © Dunja Voos; Bild: © Julia)

Wut ist oft ein flüchtiges Gefühl. Sie hält nicht lange an. Hass hingegen kann ein „festeres“, chronisches Gefühl sein. Manche Menschen leiden ständig an ihrer Wut. Die Wut scheint einen manchmal überall hin zu begleiten. Das kommt oft vor, wenn es einem lange Zeit sehr schlecht ging und man viele Ungerechtigkeiten erlebt hat. Wenn Du zu Hause oft gequält wurdest und siehst, wie gut es den anderen erging und geht, dann kannst Du vielleicht sogar ein ganzes Leben lang wütend sein. Der, der eine schönere Kindheit hatte, ist oft auch im Alter glücklicher.

Ohnmachtsgefühle machen besonders wütend. Wut ist oft verknüpft mit anderen Gefühlen wie z.B. mit Eifersucht, Ungerechtigkeit, Nicht-Anerkanntsein, Neid, Angst und Hilflosigkeit. Manchmal ist man einfach „trauersauer“.

Wut kann über die Atmung raus

„Der schnauft vor Wut“, sagen wir. Oder wir sagen: „Erst mal bis 10 zählen und ruhig atmen.“ Die Wut kann anscheinend auch über die Atmung raus, aber das klappt längst nicht immer. Wut ist ein starkes Gefühl. Wenn sie uns überkommt, dann werden wir vielleicht haltlos laut. Wir kotzen den anderen an, wir schreien ihm alles ins Gesicht, was wir ihm immer schon mal sagen wollten. Wir zerstören dem anderen eine Sache oder wir zerstören uns selbst etwas. Danach reden wir gegen unser schlechtes Gewissen an.

Einen Wutausbruch zu beenden, kostet unendlich viel Kraft. Wenn kleine Kinder wütend streiten, sieht man manchmal, wie ein Kind mit viel Kraft aus dem Streit herausgeht. Da kommen einem vor Rührung die Tränen.

Wut verstehen

Die Wut zu verstehen, kann eine echte Erleichterung sein. Wer sich missverstanden, angegriffen, ungerecht behandelt und alleingelassen fühlt, der wird wütend. Wenn wir davon ausgehen, dass der andere mit Absicht etwas Böses macht, werden wir noch wütender. Wenn wir aber über den anderen nachdenken können und Gründe für sein Handeln finden, können wir selbst ruhiger bleiben. Dieses Nachdenken heißt „Mentalisieren“. Wenn es Dir schon als Kind schlecht bei Deinen Eltern ging, fällt es Dir vielleicht manchmal schwer, zu mentalisieren. Du sagst vielleicht einfach: „Der andere ist einfach doof“ – doch es fällt Dir vielleicht nicht so leicht, über seine Beweggründe nachzudenken. Doch wenn Du das übst, z.B. in einer Psychotherapie, kann es Dir mit der Zeit besser gehen.

Ähnlich ist es beim Nachdenken über uns selbst: Wenn wir uns selbst für einen „Versager“ halten, werden wir leichter wütend auf uns selbst als wenn wir verstehen, dass wir nur ein Mensch sind, der Grenzen hat.

Nachdenken und Phantasieren über sich und den anderen kann helfen, aber häufig ist auch klar: Auch das beste Nachdenken kann das starke Gefühl der Wut oft nicht besiegen. Wer an chronischer Wut leidet, hat viele Gründe. Oft hilft eine Psychotherapie oder Psychoanalyse, aber auch die Beschäftigung mit Literatur, mit Gedichten, eine Ausbildung oder ein (besonders geisteswissenschaftliches) Studium können helfen.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 11.3.2016
Aktualisiert am 10.1.2024

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