Gleichschwebende (= freischwebende) Aufmerksamkeit in der Psychoanalyse

Der Psychoanalytiker hört zu, indem er gleichschwebend (= frei schwebend) aufmerksam ist. Das Unbewusste des Analytikers ist dabei auf Empfang gestellt für das Unbewusste des Patienten. Der Patient wiederum assoziiert frei, das heißt, er spricht aus, was immer ihm in den Sinn kommt. „Gleichschwebende Aufmerksamkeit“ ist ein Begriff, der von Sigmund Freud geprägt wurde. Sie ist verbunden mit der Reverie und der Trance. Daher kann es für Psychoanalytiker hilfreich sein, täglich zu meditieren – wobei die psychoanalytische Arbeit an sich bereits eine Form der Meditation ist, wie ich finde.

Sigmund Freud:
Ratschläge für den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung (1912)
Projekt Gutenberg: „Indes ist diese Technik eine sehr einfache. Sie lehnt alle Hilfsmittel, … selbst das Niederschreiben ab und besteht einfach darin, sich nichts besonders merken zu wollen und allem, was man zu hören bekommt, die nämliche »gleichschwebende Aufmerksamkeit«, wie ich es schon einmal genannt habe, entgegenzubringen. Man erspart sich auf diese Weise eine Anstrengung der Aufmerksamkeit, die man doch nicht durch viele Stunden täglich festhalten könnte, und vermeidet eine Gefahr, die von dem absichtlichen Aufmerken unzertrennlich ist. Sowie man nämlich seine Aufmerksamkeit absichtlich bis zu einer gewissen Höhe anspannt, beginnt man auch unter dem dargebotenen Materiale auszuwählen; man fixiert das eine Stück besonders scharf, eliminiert dafür ein anderes und folgt bei dieser Auswahl seinen Erwartungen oder seinen Neigungen. Gerade dies darf man aber nicht …“ (Sigmund Freud, 1912)

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 6.4.2013
Aktualisiert am 25.1.2024

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