Der Klopapier-Hamster – wie lässt er sich erklären? #CoronaPsycholgie

Auf Twitter kam nun die Frage auf, wie sich die Hamsterkäufe von Klopapier erklären lassen (Dank an @RoteSteinlaus). Ich weiß nur, dass dies auch nach dem zweiten Weltkrieg ein Phänomen war. Ich kenne noch alte Menschen, deren einzige Sorge es immer war, genügend Klopapier im Haus zu haben. Wenn man bedenkt, dass die „anale Phase“ in unserer psychischen Kindheitsentwicklung mit dem Thema „Kontrolle“ zusammenhängt, wird es vielleicht logisch.

Ich hab’s im Griff!

In der analen Phase werden wir zum „Ich“. Wir lernen „Nein“ zu sagen und können unsere Schließmuskeln bewusst steuern. Wir trotzen und fühlen uns in unseren Grenzen endlich sicherer. Aus einem hilflosen Baby wird in der analen Phase nun eine echte „Person“.

In Zeiten der Hilflosigkeit bekommen wir wieder den Wunsch, zu kontrollieren. Wir wollen etwas be-sitzen.

Wir werden zwanghaft und geben nicht gerne etwas her. Die Aktienkurse fallen, die Menschen werden sparsam. Die klassische Trias der Zwangsneurose ist „Geiz, Pedanterie und Eigensinn“. Vielleicht findet sich hiervon etwas in den Klopapier-Hamsterkäufen wieder. (Dank an @RoteSteinlaus, Twitter, für die Inspiration zu diesem Post!)

Auch die Scham könnte ein Thema sein, wie @HubertaWeigl auf Twitter anmerkt.

Auch hier denke ich an Nachkriegs-Bekannte, deren wichtigstes Thema die Sauberkeit war. Nach der Flucht wurde geputzt, geputzt, geputzt, um all den Dreck wieder abzubekommen, der den Geflüchteten anhing – jedenfalls fühlten sich viele so.

Ich bin klein, mein Herz ist rein …

Ich assoziiere die Klopapier-Hamsterkäufe auch mit der „braunen Scheiße“, die weg muss, mit dem dritten Reich und mit unbewusster Aggression. „Ich kaufe so viel Klopapier, weil ich so sehr auf dieses Thema scheiße!“, könnte man sagen.

Letzten Endes ist es aber auch einfach Angst: Was gibt es fieseres als einen schmutzigen Po? Witzig eigentlich, dass ausgerechnet wir Deutschen so relativ selten Bidets in den Bädern haben …

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3 thoughts on “Der Klopapier-Hamster – wie lässt er sich erklären? #CoronaPsycholgie

  1. modean sagt:

    Hallo Frau Voss,

    was tatsaechlich gehamstert wird, ist laut Statistikern von Land zu Land unterschiedlich. Ein Moment dass dazu beitraegt ist sicherlich, wenn man zum ersten Mal im Leben vor einem voellig leeren Regal im Supermarkt steht oder wenn einem an der Kasse der dritte Pack Milch abgenommen wird, da nur zwei Pack pro Person erlaubt sind.

    In der Regel sind wir es ja gewohnt, dass die Regale bis oben voll gestopft sind und wehe es fehlt mal etwas.

    Natuerlich entstehen bei diesen Zustaenden auch allerlei Betruegereien bezogen auf die Wahren, die man nicht mehr ohne weiteres bekommt.

  2. ibag sagt:

    Hallo Frau Dr. Voss,
    ergänzend zu Ihren Ausführungen läßt dieses Phänomen vermuten, dass die Menschen sich doch „nicht den Arsch aufreißen“ möchten z. B. mit Sandpapier. Das führt dann aber auch psychoanalytisch gesehen zur Regression und möglicherweise nach Freuds Auffassung zu einem neurotischen Konflikt. Problem ist, dass Klopapierhamsterkäufe nicht nur als Einzelphänomen zu bewerten ist und die halbe Gesellschaft neurotisch wird, denn offensichtlich löst es eine Kettenreaktion aus. Mittlerweile stehen Menschen früh halb sieben vorm Aldi und zehn nach sieben ist das Klopapier alle… Nun ja, aber nur wenn man nach vorne schaut, d. h. sich den Arsch aufreißt und die Therapeutischen Maßnahmen die von Medizinern und Politikern empfohlen werden, befolgt, kann die Pandemie überwunden werden. Ich weiß aber nicht, ob das psychoanalytisch gesehen, die richtige Maßnahme ist.
    Liebe Grüße
    ibag

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