
Wer beschließt, Psychoanalytiker*in zu werden, hat sich wahrscheinlich schon lange viele Gedanken gemacht. Voraussetzung für eine Aus-/Weiterbildung zum Psychoanalytiker ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Die meisten Psychoanalytiker*innen haben Medizin oder Psychologie studiert. Doch es gibt auch Akademiker’innen anderer Fachrichtungen, die z.B. bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) eine Ausbildung machen. Nach abgeschlossener Ausbildung sind diese Akademiker*innen dann natürlich auch Psychoanalytiker*innen – früher sprach man oft von „Laien-Analytiker*innen„.
Vom Patienten zum Therapeuten
Viele entscheiden sich für eine Psychoanalyse-Ausbildung, weil sie selbst diese Methode bereits als Patient*in kennengelernt haben. Es mag die Frage auftauchen: „Kann ich Psychoanalytiker werden, obwohl ich selbst ‚gestört‘ oder traumatisiert bin?“ (Siehe Teil 2: Wie gesund muss ich sein?)
Oft kann man gerade deshalb Psychoanalytiker werden, weil man weiß, wie sich psychisches Leiden anfühlt.
Das Kernstück der psychoanalytischen Ausbildung ist die Selbsterfahrung in der Lehranalyse. „Lehranalyse“ heißt, dass man zu einem Lehranalytiker geht und dort selbst (noch einmal) eine Psychoanalyse macht. Erst nach ca. zwei Jahren Lehranalyse beginnt man, eigene Patienten zu behandeln. Während der Lehranalyse kann man sich Zeit nehmen, um seinen Berufswunsch noch einmal von allen Seiten genau zu betrachten.
Bei der DPV findet die Lehranalyse viermal pro Woche statt.
Ein Institut wählen
Es gibt verschiedene Institute und Vereinigungen, bei denen man sich zum Psychoanalytiker ausbilden lassen kann – dazu gehören zum Beispiel die Deutsche Psychoanalytische Vereinigung, DPV, und die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft, DPG. Beide sind Mitglied der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV, International Psychoanalytic Association, IPA). Wer hier eine Ausbildung zum Psychoanalytiker abschließt, kann danach auch im Ausland unter dem Dach der IPA als Psychoanalytiker arbeiten.
Bei Psychologen spricht man von „Psychoanalyse-Ausbildung“, bei Ärzten von einer (staatlich anerkannten) „Weiterbildung“. Die DPV-Ausbildung allein nennt sich für alle „Ausbildung“.
An den Instituten DPV und DPG lernt man die Psychoanalyse nach den Erkenntnissen von Sigmund Freud (1856–1939) . Natürlich werden in der Ausbildung auch die Weiterentwicklungen vermittelt.
Die Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) orientiert sich hingegen an den Theorien von Alfred Adler (1870-1937). Auch hier ist die Weiterbildung zum Psychoanalytiker möglich.
Wer sich besonders für die Analytische Psychologie von Carl Gustav Jung (1875-1961) interessiert, kann sich an einem Institut der Deutschen Gesellschaft für Analytische Psychologie (DGAP) zum Psychoanalytiker ausbilden lassen.
Daneben gibt es verschiedene freie Institute.
Ausbildung vielerorts möglich
Die Deutschen Gesellschaften haben in vielen Großstädten Deutschlands ihre Ausbildungsinstitute (Adressen: DPG-Institute, DPV-Institute, DGAP-Institute, DGIP-Institute).
Aus den Websites der Ausbildungsinstitute geht hervor, ob sie ein gesellschaftszugehöriges oder ein sogenanntes „freies“ Institut sind. „Frei“ heißen Institute dann, wenn sie nicht zu einer der deutschen Gesellschaften (DPV, DPG, DGAP, DGIP) gehören. Eine Liste der freien Institute finden Sie hier.
Alle staatlich anerkannten psychoanalytischen Ausbildungsinstitute gehören dem Dachverband DGPT (Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie e.V.) an.
Ob man sich für die DPG, DPV, DGIP, DGAP oder ein freies Institut entscheidet, hängt wahrscheinlich hauptsächlich vom Sympathie-Faktor ab.
Möchte man sich jedoch nach den Standards der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV, englisch: IPA) ausbilden lassen, so ist das nur bei der DPV oder der DPG möglich (Ausbildungsordnung DPG, Ausbildungsrichtlinien der DPV).
Die DPV- und DPG-Ausbildungen sind aufwendiger als die staatliche „Grund-Ausbildung“ nach dem Psychotherapeutengesetz (PTG) oder der ärztlichen Weiterbildungsordnung (WBO). Viele runden ihre staatliche Aus- bzw. Weiterbildung mit einer DPV- oder DPG-Ausbildung ab.
Die Ausbildungen nach den IPV-Standards bei der DPV oder DPG sind sehr aufwendig, weil z.B. die Lehranalyse 4-mal pro Woche stattfindet. Auch die Patientenbehandlungen im Rahmen der Ausbildung finden 4-mal pro Woche statt, während bei der Ausbildung nach PTG- oder WBO-Standards Frequenzen von 3-mal pro Woche ausreichen.
Doch der größere Aufwand lohnt sich oft – ein lesenswerter Beitrag hierzu findet sich auf der DPV-Website: „Warum lohnt sich die psychoanalytische Ausbildung bei der DPV?“. Als sehr wertvoll empfinde ich die Gemeinschaft schon während der Ausbildung. Und auch danach sind die Absolvent*innen mit Kolleg*innen gut vernetzt – Psychoanalyse kann man nicht „alleine“ machen.
Übrigens: Bei der IPU-Berlin, der privaten Hochschule für Psychoanalyse, kann man sich nicht zum Psychoanalytiker ausbilden lassen. Hier kann man zwar den Titel „Bachelor“ (BA) oder „Master of Arts (MA) Psychologie“ erwerben, doch mit dem Abschluss ist man kein Psychoanalytiker. Die Psychoanalyse-Ausbildung/-Weiterbildung schließt sich an das Studium an und muss an einem Institut absolviert werden.
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 13.4.2013
aktualisiert am 26.4.2020
Bäum meint
Ich kenne Bekannte, die eine Psychologie Ausbildung in der Schweiz gemacht haben. Das schien denen ganz gut zu gefallen. Ich selber bin jetzt auch am überlegen für eine Nebenberufliche Psychologie Ausbildung in die Schweiz zu gehen. Wie sieht das aus mit der Anerkennung einer Psychologie Ausbildung im Ausland?