„Die Frage: ‚Wer bin ich?‘ hängt eng zusammen mit der Frage ‚Wo bin ich?'“, las ich in einem Magazin. Es war, als sei ich eines Tages, mitten im Leben, aufgewacht inmitten einer großen Leere. „Wie konnte ich nur hierhin gekommen sein? Wo sind die anderen?“, fragte ich mich. Die anderen waren „im Kreise ihrer Familie“. Sie wurden dort geboren, feierten dort ihre Feste, heirateten, starben dort. Wieder nahm ich die Leere um mich herum wahr. Mir wurde kalt. Im Alltag, in der Sonne, in der Firma, da war ich im Kreise meiner Freunde und Arbeitskollegen. Aber Mengenleere ist grausam: Sobald die Feiertage kamen, zogen sich alle in ihre Kreise zurück. (Text & Bild: © Dunja Voos)
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Ich ging die grauen Straßen entlang. Wie konnten so viele Kaugummis auf den Boden gelangen und dort weiße Flecken hinterlassen? „Es muss wohl noch mehr einsame Menschen geben. Aber sie haben so wenig gemeinsam mit mir“, murmelte ich. Unruhe machte sich breit. „Neidisch ist man besonders auf die, die einem nahe stehen, die einem ähnlich sind und deren Ziele man selbst theoretisch auch erreichen kann oder hätte erreichen können“, hörte ich eine Freundin in meiner Erinnerung sagen. „So weit wie Du kommen die meisten mit Deinen Startbedingungen erst gar nicht“, tröstete sie mich.
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Egal was ich hörte, es konnte meinen Schmerz nicht übertönen. Er wurde immer wieder laut. Immer um diese Zeit. Immer an Weihnachten. „Nie war der Schmerz so groß wie dieses Jahr“, dachte ich. Jedes Jahr. „Das Grausamste an Gewalt in der Kindheit ist, dass sie einen zur Einsamkeit verdammt“, sagten mir meine Gedanken. Manchmal konnte ich einfach nur laut aufschluchzen, weil es so weh tat. Mitten in der Stadt. Mitten in der Vorlesung. Mitten im Nirgendwo.
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