
Viele Menschen suchen Entspannung im Autogenen Training (AT) und finden sie dort auch. Doch manche Menschen fühlen sich sehr unwohl dabei. Sie haben Angst, sie könnten gegen ihren Willen gleich einfach losschreien. Sie würden am liebsten aufstehen und rauslaufen. Bei manchen psychischen Verfassungen ist von Autogenem Training (zumindest in Gruppen) eher abzuraten, wenn nicht gleichzeitig eine gute psychotherapeutische Begleitung stattfindet. Wer zum Beispiel an einer sozialen Phobie oder an einer frühen Störung leidet, kann in einer AT-Gruppe stark beunruhigt sein. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Wer sich in einer Klinik befindet und sich bei den verordneten Entspannungsübungen sehr unwohl fühlt, sollte mit seinem Therapeuten unbedingt darüber sprechen.
In vielen Schulen können Kinder und Jugendliche heute Autogenes Training oder Meditation erlernen. Die Schüler sind dann einem Gruppendruck ausgesetzt und trauen sich oft nicht, zu sagen, wenn sie sich dabei unwohl fühlen. Hier sollten Lehrer sehr sensibel sein und die Schüler dazu ermuntern, darüber zu sprechen und aus dem Programm auszusteigen, wenn es ihnen nicht gut damit geht.
Autogenes Training kann psychische Symptome verschlimmern
Menschen, die an Zwängen, einer Angst- und/oder Borderlinestörung leiden, die von Hypochondrie oder einer posttraumatischen Belastungsstörung betroffen sind, können durch das Autogene Training überfordert sein. Häufig verstärken sich die Symptome hierdurch. Wer sich mit autogenem Training nicht wohlfühlt, darf sich frei fühlen, damit aufzuhören, auch, wenn es als „Wohlfühlmittel für Jedermann“ angepriesen wird. Wer dennoch dranbleiben möchte, der kann oft mit einem guten Einzelunterricht, einer begleitenden Psychotherapie oder Psychoanalyse den Weg dorthin finden.
Johannes Heinrich Schultz, der Nervenarzt, bezeichnete autogenes Training – was er entwickelt hatte – 1932 noch als ‚psycho-physiologisch rationalisierten, systematisierten Yoga‘. Später stritt er jede Verbindung ab.“
Milena Mosa: Schlampen-Yoga, Karl Blessing gVerlag 2003, 1. Auflage: S. 79
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 27.5.2012
Aktualisiert am 5.6.2017
Marcel meint
Meinen Erfahrungen nach helfen mir Entspannungstechniken, punktuell in einer erhöhten Streßphase ganz gut. Allerdings soll es ja erst bei regelmäßiger Anwendung zu dauerhaft, positiven Effekten kommen, was bei mir aber so nicht funktioniert.
Ich denke die Verspannung im Körper entsteht um aufkommende Gefühle/körperliche Reaktionen, im Kontakt mit der Außenwelt abzuschwächen, bzw. weniger zu spüren, oder eben auszuhalten.
Wird diese „Schutzfunktion“ abgebaut ohne die Auslösereiz gebundene Erlebnisweise zu beachten, fühlt man sich danach noch verlohrener, weil die Reize dann viel spürbarer wahrgenommen werden, als vor dem ganzen Entspannungstraining.
Lea Assmus meint
In einer Klinik für Psychosomatik besprach ich mit dem Therapeuten diese Beobachtung und er meinte: „Bei Ihnen wäre Autogenes Training etwa dem versuch gleichzusetzen ein Auto bei Tempo 120 mit einem Seil festhalten zu wollen!“ Wohingegen PMR (Progressive Muskel-Relaxation) mir sehr gut bekommt und hilft; man muss als Patient ein gutes Gespür entwickeln welche Maßnahmen wann gut tun. Aber das ist ja bei vielen Krankheiten so: einem Schmerzpatienten hilft Kälte, dem anderen Wärme.
Fred meint
Ist auch unsere Erfahrung, wenn wir Entspannungsübungen in der Selbsthilfegruppe machen: Es gibt immer einige, die innerlich unter Anspannung und Druck stehen. Wenn es innerlich ruhig wird, wird es eher schlimmer, als besser. Ablenkung und tätig sein hingegen beruhigt dann eher.
Langfristig erscheint es mir jedoch sinnvoll, irgendwie einen Weg zu finden, wie ich auch bei Ruhe und Nichtstun meinen inneren Frieden finde.
Kevin Michael meint
Ich leide auch an einer Angststörung oder Hypochondrie schwer zu sagen was genau aber jedenfalls teile ich diese Erfahrung und verzichte ebenfalls auf diese Entspannungstechniken. Sport tut mir hingegen sehr gut.