Alkoholabhängigkeit und Bindung: „Cure the incurable“

Alkoholabhängige Patienten gelten mitunter als hoffnungslose Fälle. Manche Psychotherapeuten nehmen Alkoholiker erst gar nicht auf. Doch manche haben einen hoffnungsvolleren Blick. Die Autoren Abdullah Cihan und Kollegen beschreiben in ihrem Beitrag „Attachment Theory and Substance Abuse: Etiological Links“ (Journal of Human Behavior in the Social Environment, 24, 2014) interessante Ansätze. Die Alkoholabhängigkeit ist demnach keine eigenständige Krankheit, sondern eher das Ergebnis einer tiefgreifenden frühen Bindungsstörung. Diese frühe Bindungsstörung hat zu einer Störung in der Emotionsregulation geführt. Natürliche „Glückshormone“, die durch befriedigende Beziehungen hervorgerufen werden, fehlen dem Alkoholabhängigen, so Cihan.

(Frei übersetzt von Voos: „Bindungstheoretisch orientierte Behandlungen der Alkoholsucht können die Symptome reduzieren und das Unheilbare heilen. … Zwischen Analytiker und Patient findet die affektive Kommunikation von „Rechtshirn-zu-Rechtshirn“ direkt statt (Schore & Schore, 2008). Dadurch kommt es zu einem Wachstum in den Gebieten des Gehirns, die in der frühesten Lebenszeit des Patienten am meisten vernachlässigt worden sind.“)
„Attachment theory-based clinical treatment of this disorder could both diminish symptoms and cure the incurable. … Attachment theory holds that the clinician-client relationship fosters positive change. This dyad engages in direct right brain-to-right brain affective communication (Schore & Schore, 2008), stimulating and encouraging growth in those areas of the brain most neglected during the client’s early development“ (S. 532 und 534).
Abdullah Cihan et al., Journal of Human Behavior in the Social Environment, 24: 531-537, 2014

„Die Flasche“ zeigt dem Alkoholkranken täglich die vermisste, verloren gegangene, nie gehabte Brust.

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Links:

Abdullah Cihan et al. (East Carolina University, USA, 2014):
Attachment Theory and Substance Abuse: Etiological Links
Journal of Human Behavior in the Social Environment
Volume 24, Issue 5, 2014, DOI:10.1080/10911359.2014.908592
http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10911359.2014.908592
Published online: 30 Jun 2014

„Both analyst and patient will have to share a bitter taste of abandonment, of boredom, of antagonism and they have to remain together, because together they will be able to construct something to get out of it.” Jose Zusman, MD, Rio de Janiero
https://ipaoffthecouch.org/2019/06/29/episode-8-a-psychoanalyst-encounters-patients-with-addictions/

Dieser Beitrag erschien erstmals am 29.8.2014
Aktualisiert am 7.3.2024

One thought on “Alkoholabhängigkeit und Bindung: „Cure the incurable“

  1. j.o. sagt:

    hallo frau dr. voos, haben sie eventuell noch einige Informationen über (erwachsene) kinder alkoholabhängiger eltern und deren beziehungsambivalenzen? vielen Dank

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